

EU:
Jan, du hast deine erste Immobilie mit 24 gekauft. Heute besitzt du über 340 Wohneinheiten, erzielst rund 1,5 Millionen Euro Mieteinnahmen im Jahr und bist finanziell frei. Doch wie hat das alles angefangen? Wie bist du Immobilieninvestor geworden?
Jan Henning:
Der Startpunkt war eine gewisse Unzufriedenheit in meinem Angestelltenverhältnis. Ich kam aus langen Tagen im Einzelhandel und hatte irgendwann den Gedanken: Mit 40 will ich nicht mehr arbeiten müssen. Das war Anfang der 2000er, da gab es keinen Content, der dir erklärt, wie man reich wird. Kein Internet, kein YouTube. Nur ein Buch von Bodo Schäfer „Der Weg zur finanziellen Freiheit – Ihre erste Million in 7 Jahren“. Rückblickend war es fast ungewöhnlich, so ein Ziel zu haben. Heute hat es gefühlt jeder.
Und dann gab es die Einliegerwohnung meiner Eltern, ein Studentenapartment, das vermietet wurde und jedes Jahr den Sommerurlaub bezahlt hat. Das war mein Aha-Moment: Es gibt Assets, die sich selbst tragen und dich irgendwann mit.
EU:
Also führte dich diese Erkenntnis zu deiner ersten Wohnung?
Jan Henning:
Ja, das war mein Ziel. Ich habe viel gearbeitet, gut verdient und dann das Steuerthema so richtig gespürt. Wenn plötzlich die Hälfte deines Einkommens weg ist, suchst du automatisch nach Vehikeln, die mehr Sinn ergeben. Immobilien waren für mich genau das: ein Weg, die Steuerbelastung zu reduzieren.
EU:
Hattest du einen Plan B für den Fall, dass Immobilien nicht funktioniert hätten?
Jan Henning:
Nicht wirklich. Ich war parallel 15 Jahre in der Sportbranche im Vertrieb klassisch angestellt. Vertrieb ist die einzige Abteilung, die Geld verdient. Wenn du deine Zahlen übererfüllst, bekommst du Freiräume. Ich war im Einzelhandel, später bei Oakley, dann bei SKS und Focus international unterwegs, der klassische „Luftpumpenverkäufer“.
2010 habe ich mich dann in der Finanzdienstleistung selbstständig gemacht und praktisch einen neuen Beruf gelernt. Aber Immobilien liefen die ganze Zeit passiv nebenher. Mein Ziel war damals simpel: alle fünf Jahre eine Wohnung kaufen, damit ich mit 40 vier oder fünf Einheiten habe und davon leben kann.
EU:
Du wirst oft der „König des Skalierens“ genannt. Welche Denkfehler siehst du bei Unternehmern, die glauben zu skalieren – es aber nicht tun?
Jan Henning:
Dass mein Portfolio groß ist, ist nicht das Besondere. Das Besondere ist, dass ich es komplett allein manage, ohne Personal. Viele, die extrem schnell skalieren, haben 10 bis 15 Mitarbeiter dahinter.
Ich finde: Immobilien sind gerade auch für Start-ups, für Investoren, für Unternehmer ein unterschätztes Backup. Wenn das operative Geschäft mal einbricht, laufen die Mieten weiter. Und in Deutschland kannst du über Leverage extrem effizient wachsen. Wenn die Bonität stimmt, finanzieren die Banken bis zu 110 Prozent, also auch die Nebenkosten, wenn es ein attraktiver Deal ist. Das nimmt dann auch den Druck, die Verantwortung und auch den Stress, wenn man weiß: Hey, ich habe ja auch noch mein Immobilienportfolio.
Ich empfehle jedem Gründer und Unternehmer: Steht nicht nur auf einem Bein.
Anfänglich geht aller Fokus und alle Energie, alle Ressourcen ins Unternehmen, aber wenn es sich einigermaßen entwickelt hat, kann man das Thema angehen. Wohnraum wird in Deutschland immer gebraucht.
EU:
Viele starten ins Unternehmertum, um frei zu sein, weg von 9-to-5, landen aber nur in einem neuen Hamsterrad und sind dann 24-7 Gefangene ihres Unternehmens. Was kann man dagegen tun?
Jan Henning:
Wir hatten zum Beispiel im September/Oktober eine Mastermind auf Kreta mit 15 sehr erfolgreichen Immobilieninvestoren, die zum Teil deutlich größere Bestände haben als ich. Und dort zeigte sich dann schnell eine spannende Frage: Was war eigentlich euer ursprüngliches Warum? Warum habt ihr mit Immobilien angefangen?
Für viele war das Ziel ganz klar: aus dem Hamsterrad rauszukommen und finanzielle Freiheit zu erreichen. Gleichzeitig habe ich ja gerade erwähnt, dass einige dieser Investoren innerhalb von drei Jahren 500 oder 800 Einheiten aufgebaut haben – und trotzdem im Grunde vom einen Hamsterrad ins nächste geraten sind.
Ich arbeite auch als Mentor und unterstütze Menschen beim Skalieren und Weiterentwickeln. Und da ist meine Intention immer, die richtigen Fragen zu stellen: Wer ist dein Backup? Hast du einen Nachfolger? Wer könnte die operative Geschäftsführung übernehmen?
Denn das Ziel sollte sein, wirklich Unternehmer zu werden – jemand, der am Unternehmen arbeitet und nicht mehr im täglichen operativen Geschäft steckt.
Wenn man das von Anfang an auf dem Schirm hat und früh damit beginnt, einen Junior-Chef oder Nachfolger aufzubauen, ihm Perspektiven oder sogar Beteiligungen mitzugeben, dann steigt die Wahrscheinlichkeit enorm, dass man nicht erneut im nächsten Hamsterrad landet.
EU:
Wie sieht dein Mentoring konkret aus?
Jan Henning:
Es gibt diese vielen Coachings, diese „Gruppentherapien“, wie ich sie gerne nenne. Da bekommst du irgendwelche Videokurse oder hängst mit 50, 80 Leuten in einem Call, bekommst theoretisches Wissen vermittelt, kaufst am Ende aber doch nichts. Oder du hast vielleicht schon drei, vier Wohnungen, sogar dein erstes Mehrfamilienhaus und merkst, dass jetzt der Engpass kommt: Wie komme ich von acht Einheiten auf 30 oder 50?
Genau da setzen wir an. Wir arbeiten in wöchentlichen One-to-One-Calls, weil das Thema Immobilie und Finanzierung etwas sehr Intimes ist. Es geht niemanden etwas an, wie deine Vermögenssituation aussieht, wie deine Selbstauskunft bewertet wird oder wie man diese optimieren kann, damit die Bank mehr Lust hat, zu finanzieren. Und da steigen wir tief ein.
Wir schauen: Es ist schön, eine einzelne Wohnung zu kaufen – aber der Aufwand ist am Ende derselbe wie beim Kauf eines Mehrfamilienhauses mit fünf bis zehn Einheiten. Wir begleiten dich bei der Ankaufsprüfung, der Finanzierungsstruktur und all den Punkten, wo Banken auf den ersten Blick gerne Nein sagen. Wenn du einen Banker fragst, ob er mehr als nur den Kaufpreis mitfinanziert, ist die Standardantwort erst einmal: „Nein.“ Unsere Aufgabe ist es dann, die Stellschrauben so zu drehen, dass ein Objekt für eine Million auch heute noch ohne Eigenkapital realistisch werden kann.
Das Mentoring läuft wöchentlich. Ich betreue fünf bis acht Mentees in Einzelgesprächen über ein halbes Jahr, jede Woche ein Termin. Das ist Commitment. Fleiß schlägt Talent. Und am Ende ist es ein Weg in die eigene Freiheit.
EU:
Gibt es Business-Regeln, die du bewusst brichst?
Jan Henning:
Ich sage immer: Beim Ankauf gilt „Erst der Deal, dann die Finanzierung“. Haben wir ein cooles, attraktives Investment, dann finden wir auch das Geld dafür.
Ich bin außerdem ein großer Verfechter von Pareto – dieses 20/80-Prinzip: 20 % Aufwand, 80 % Ergebnis. Das ist für mich ein echter Game-Changer. Wenn man das konsequent in den Alltag bringt… na ja, an den Unis wird uns das komplett anders beigebracht: Businesspläne schreiben, bis alles perfekt aussieht.
Ich habe mich 2022 an einem Start-up beteiligt, in einer Finanzierungsrunde. Und ich meinte damals zu den Jungs: „Warum schreiben wir hier einen Businessplan, von dem alle Investoren wissen, dass das Bullshit ist? Wir wissen selbst, dass diese Zahlen niemals genau so eintreffen. Warum machen wir das dann?“ Und sie schauen mich an und sagen: „Das ist part of the game. Das braucht man halt. Das macht man immer so.“ So ist es eben.
Doch eigentlich ist es ganz einfach: Lass uns das verkaufen, was wir verkauft bekommen. Wenn wir ein geiles Produkt haben, wird es nachgefragt. Alles andere ist auf dem Papier nichts wert. Aber – und das ist der Haken – ohne Businessplan bekommen wir keine Bewertung, keine Finanzierungsrunde.
Das Paradoxe war wirklich: Jeder wusste für sich, dass das, was dort im Businessplan für die nächsten fünf Jahre steht, kompletter Kaffeesatz ist. War echt crazy.
EU:
Gibt es eine teuerste Entscheidung in deinem Leben – nicht finanziell, sondern in Bezug auf Lebensenergie?
Jan Henning:
Ja. Ich habe einen achtjährigen Sohn, und die Entscheidung, in den nächsten fünf Jahren lieber gute und vor allem viel Zeit mit ihm zu verbringen, anstatt die nächsten 500 Wohnungen zu kaufen, war definitiv eine der teuersten – im besten Sinne.
Die Zeit mit unseren Kindern ist einmalig. Jede Phase ihres Großwerdens kommt nur ein einziges Mal und wird sich nie wiederholen. Gerade die Jahre zwischen 8 und 13 sind eine Phase, in der Vater und Mutter eine ganz andere, eine wirklich wesentliche Rolle einnehmen – viel wichtiger, als später in der Pubertät, wenn er mich vielleicht eher als Sponsor, Geldgeber oder Taxifahrer sieht.
Das war definitiv eine bewusste Entscheidung. Und eine sehr wertvolle.
EU:
Gibt es unsexy Parts deines Jobs, die man in keinem LinkedIn-Post sieht?
Jan Henning (lacht):
Ich teile das sogar auf Instagram (lacht). Ich mache regelmäßig meine sogenannten Inkasso-Fahrten. Das heißt: Einmal im Quartal fahre ich all meine Häuser ab und schaue, wie sie funktionieren, wie sie dastehen. So sehen auch meine Verwalter, dass der Jan Henning ein Auge drauf hat. Dann gibt’s Fotos: hier wieder Sperrmüllablagerung, dort ein verdrecktes Treppenhaus – einfach, damit alle Beteiligten wissen: Da ist jemand, der hinschaut.
Gleichzeitig gibt es natürlich auch immer ein paar Fälle – von 340 Mietern vielleicht 10 bis 15 –, die man ab und zu erinnern muss, Wohngeld zu beantragen oder Unterlagen einzureichen. Es gibt in Deutschland eigentlich keinen Grund, warum Miete nicht gezahlt wird. Dafür gibt es das Wohngeld. Man muss halt seinen Arsch bewegen und die Anträge stellen. Und wenn manche dafür zu bequem sind, helfe ich eben regelmäßig – und unregelmäßig – nach. Das gehört dazu.
Was aber wirklich der größte Pain in Deutschland ist, ist die Bürokratie. Da bekommst du dann Schreiben, dass Müllablagerungen auf „meinem“ Bürgersteig liegen und ich als Eigentümer das entsorgen soll – inklusive Bußgeld. Und ich frage mich: Warum soll ich den Müll von fremden Leuten entsorgen, die ich nicht kenne und die sich nicht kultiviert verhalten? Das ist wirklich ein Abfuck.
Gleichzeitig stellt man als Vermieter Menschen Wohnraum zur Verfügung, man gibt ihnen ein Zuhause – und in der politischen oder sozialen Wahrnehmung ist man trotzdem oft nur das Arschloch, der Vermieterhai, der sich die Taschen vollmacht. Die tatsächliche Bedeutung und Relevanz der privaten Immobilienvermietung wird von Regierungen, Landesregierungen und dem Bund so gut wie gar nicht gewürdigt. Stattdessen kommen ständig neue Regeln, Gängelungen und Verschärfungen. Und das führt einfach dazu, dass viele die Lust verlieren, weiter zu investieren.
EU:
Gibt es eine Wahrheit über Unternehmertum, die du keinem sagen würdest, der noch ruhig schlafen möchte?
Jan Henning:
Unternehmertum ist wie Kinderkriegen: Hätten wir vorher alles gewusst, hätten wir’s vielleicht gelassen. (lacht)
Du brauchst brutale Resilienz. Behörden, IHK, Finanzamt, Vorauszahlungen – dieses Gegängelte ist heftig. Erfolg wird in Deutschland mit hohen Steuern bestraft. Und wenn man sieht, wofür das Geld ausgegeben wird… schwierig. Sehr schwierig.
EU:
Zum Abschluss: Wenn du einen Satz auf ein Billboard schreiben könntest, sichtbar für alle jungen Gründer und Unternehmer in Deutschland – welcher wäre es?
Jan Henning:
Einfach machen.
Nicht alles zerdenken und vor allem nicht auf Freunde, Familie oder Bekannte hören, die selbst nicht dort sind, wo du hinwillst. Wenn du jemanden fragst, ob du ein Mehrfamilienhaus kaufen sollst und die Person hat selbst keins, dann wird sie dir tausend Gründe nennen, warum das angeblich keine gute Idee ist.
Fragst du hingegen jemanden, der bereits einen Bestand hat, der Vermieter ist, dann sagt der: „Junge, sorg dafür, dass du direkt nach dem Notartermin das nächste Haus kaufst.
EU:
Danke dir, Jan.
Jan Henning:
Danke euch.