Matthias Vette ist Stresstherapeut, Mentalcoach und Speaker mit über 20 Jahren Erfahrung. Nach einer eigenen Krankheitsgeschichte hat er sich auf ganzheitliche Heilung spezialisiert und begleitet heute Menschen dabei, mentale und emotionale Blockaden zu lösen, um Erfolg, Erfüllung und Gesundheit aus Überzeugung zu leben.
Seine Kunden sind Unternehmer, Top Führungskräfte und Vorstände. Er hat gemeinsam Projekte im Bereich Sport-Mentaltraining mit dem ehemaligen Fußball-Nationalspieler Thomas Müller sowie Spitzenkoch Holger Stromberg initiiert.
EU:
Matthias, du bist heute Mentalcoach und Stresstherapeut – aber das war nicht immer so. Du hast ursprünglich einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Wie kam es dazu?
Matthias Vette:
Ich bin in einem kleinen Familienbetrieb groß geworden. Bei uns wurde sieben Tage die Woche rund um die Uhr gearbeitet. Das habe ich sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen – inklusive all dem Unsinn, den man dann glaubt, tun zu müssen, um erfolgreich und „cool“ zu sein.
Mit 35, also im Jahr 2002, bekam ich – glücklicherweise – die Diagnose: In meinem Magen wurden Krebszellen entdeckt. Vorher hatte ich bereits drei Hörstürze – die habe ich geflissentlich überhört. Die Krebsdiagnose war mein Wake-up-Call.
Ich bin jemand, der Dinge radikal angeht – also habe ich mich von der Schulmedizin abgewendet und symbolisch eine Reise um die Welt angetreten. Ich wollte verstehen, was es wirklich bedeutet, Mensch zu sein, was Gesundheit auf einer tieferen, menschlichen Ebene eigentlich ist – also auch auf zellbiologischer Ebene.
Ein Schlüsselmoment war 2005 eine Ausbildung bei einem amerikanischen Arzt – eine Heiler-Ausbildung. Das war für mich unglaublich abgefahren. Ich wollte verstehen, was da passiert, aber vieles davon lag jenseits meines kognitiven Verständnisses. Ich konnte es nicht erklären – aber ich konnte spüren, was sich in mir verändert hat. Diese Reise war am Ende vor allem eine Reise zu mir selbst. Und das Wichtigste: Es ist mir gelungen, vollständig zu heilen – körperlich, seelisch, geistig.
Ich habe danach weiter geforscht, weitere Ausbildungen gemacht und bin schließlich aus meiner alten Firma ausgestiegen. Für mich war klar: Dieses Wissen muss zu den Menschen.
Denn wirklicher Erfolg im Leben – ich nenne das Lebenserfolg – bedeutet nicht nur ein volles Konto, sondern auch ein volles Herz. Ein Leben voller Liebe, Gesundheit, Vitalität und Lebensfreude. Und idealerweise auch die finanzielle Freiheit, um aus einem Beruf eine Berufung zu machen.
All das beginnt in uns selbst. Die Basis dafür tragen wir bereits in uns – genauso wie das, was uns daran hindert. Und genau da setze ich seit 2006 hauptberuflich an: Ich begleite Menschen auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Lebenserfolg.
EU:
Wie sieht diese Begleitung genau aus?
Matthias Vette:
Wir wissen heute, dank moderner Forschung, etwa aus der Psychoneuroimmunologie und der Epigenetik, dass ein sehr großer Teil – ich schätze über 90 Prozent – aller körperlichen Symptome als Folge mentaler und emotionaler Belastungen entsteht. Weil das Energie-System aus dem Gleichgewicht gerät und nicht mehr richtig funktioniert.
Ich habe aus all diesen Erfahrungen meine eigene Methode entwickelt, wie Heilung wirklich funktioniert. Heilung heißt für mich das Auflösen von mentalen Blockaden und die Befreiung von emotionalen Verletzungen auf einer ganzheitlichen Ebene. Weil das die Basis ist, dass du auf der physischen Ebene heilst. So wird das gesamte Potenzial für Gesundheit, Erfolg und Erfüllung freigesetzt.
EU:
Das ist deine Reconnect-Yourself-Methode?
Matthias Vette:
Genau, das ist meine Reconnect-Yourself-Methode. Ich habe mittlerweile mit über 20.000 Menschen gearbeitet und rund 1.000 Seminartage in Unternehmen gegeben – mit dem Fokus auf mentaler Kompetenz. Dabei habe ich Unternehmer nicht nur erfolgreicher, sondern auch gesünder gemacht. Denn beides gehört für mich untrennbar zusammen.
Die Reconnect-Yourself-Methode ist ein Weg für Menschen, Zugang zu ihrem wahren Potenzial zu finden. Sie hilft ihnen, sich nicht länger von alten Mustern treiben zu lassen – wie beispielsweise dem Bedürfnis nach Anerkennung vom Vater oder der Angst vor der Bewertung der Nachbarn. Themen wie Blamage oder das Gefühl, es nicht wert oder nicht genug zu sein, verlieren ihre Bedeutung.
Stattdessen kommen Menschen in die Lage, sich selbst zu leben – aus sich heraus, authentisch und klar. Ihre volle Energie wird frei. Und dann stellst du dir nicht mehr die Frage: Kann ich das tun? Was denken die anderen? Sondern es zählt nur noch: Was will wirklich aus mir heraus entstehen?
Denn: Es ist letztlich egal, was andere denken – du kannst es ohnehin nie allen recht machen. Also: Mach dein Ding.
EU:
Du hast die Epigenetik erwähnt, auch die wissenschaftlichen Grundlagen, auf denen deine Methode basiert. Magst du da etwas mehr zu erzählen? Epigenetik, Psychoneuroimmunologie, Neurobiologie?
Matthias Vette:
Ja, das ist eigentlich relativ einfach. Unser Gehirn besteht aus verschiedenen Arealen und in meiner Arbeit interessieren vor allem zwei: das Bewusstsein und das Unterbewusstsein. Das Unterbewusstsein wird vom Bewusstsein „gefüttert“. Das heißt: Alles, womit wir uns bewusst beschäftigen, landet irgendwann im Unterbewusstsein.
In den ersten Lebensjahren übernehmen wir die Ansichten anderer Menschen – über das Leben, über uns, über die Welt. Diese Meinungen nehmen wir als Wahrheit an. Daraus entwickeln sich Denk- und Verhaltensmuster. Viele Menschen glauben dann Dinge wie: Das Leben ist hart, das Leben ist kein Ponyhof. Doch das stimmt nicht. Ich erzähle meinen Kindern immer: Das Leben ist ein riesengroßer Spielplatz. Geh raus, überleg dir, was du spielen willst – und tu es, solange du niemandem schadest.
Wir begrenzen uns meist nur selbst. Viele haben z. B. gelernt: Liebe gibt es nur gegen Leistung. Ich arbeite in meinen Einzelcoachings viel mit High Performern – und alle laufen sie am Limit, in der Hoffnung, endlich diese ersehnte Anerkennung oder das Gefühl, genug zu sein, zu bekommen. Dabei liegt das, was sie suchen, längst in ihnen selbst. Wir dürfen verstehen, dass Gedanken, Emotionen, Körperreaktionen und Verhaltensweisen nicht voneinander zu trennen sind. Um Potenziale vollkommen freizusetzen, findet der Ansatz meiner Arbeit auf allen Ebenen statt.
EU:
Ist das eine der Haupt-Herausforderungen deiner Klienten – dieses ständige Getriebensein und nie zufrieden zu sein?
Matthias Vette:
Absolut. Ich sage immer: Sie haben äußere Fülle, aber innere Leere. Ich kenne das selbst – ich habe mir früher einen Porsche gekauft, ein Boot, ein Motorrad, ein großes Haus. Ich dachte: Jetzt muss ich doch endlich glücklich und frei sein. Doch es war ein Trugschluss. Ich war ein Gefangener all dieser materiellen Dinge.
Nach meiner Krebs-Diagnose stand ich eines Tages vor meinem Haus, schaute auf all das Besitztum – Porsche, X5, Motorrad, alleine auf 280 qm – und fragte mich: Macht mich das glücklich? Und sofort kam aus meinem Herzen ein klares Nein. Noch am selben Abend habe ich den Porsche inseriert, 5.000 € weniger als marktüblich, weil ich ihn sofort weghaben wollte. Am nächsten Morgen habe ich meine Maklerin angerufen und mein Haus verkauft. Ich kaufte mir ein Hollandrad, mietete eine Wohnung – und spürte zum ersten Mal, wie sich echte Freiheit anfühlt.
Ich glaube: Wir können alles haben – wenn wir es nicht mehr brauchen. Es macht aber auch keinen Sinn, nicht erfolgreich zu sein. Doch die Frage ist: Was bedeutet Erfolg wirklich?
Jeder Mensch kann zu 100 % erfolgreich sein – im Rahmen seiner unterbewussten Muster. Wenn ich nämlich denke, ich könnte scheitern, dann starte ich gar nicht erst. Und genau das bestätigt mir mein Umfeld dann auch. Ich liefere mir selbst die Beweise für meine Ängste – Tag für Tag. Es geht also darum, Klarheit zu bekommen, was die unterbewussten Muster sind und dann Begrenzungen aufzuheben, um den Erfolg zu leben, den du wirklich willst und vor allem verdient hast.
EU:
Gibt es ein besonderes Erlebnis mit einem Klienten, das dir im Kopf geblieben ist?
Matthias Vette:
Da gibt es viele. Menschen, die schulmedizinisch als austherapiert galten, kamen durch unsere Arbeit zurück in ihre Gesundheit. Burnout-Klienten bringe ich oft in 8–12 Wochen wieder ins Leben zurück. Einer meiner Unternehmerklienten konnte wegen Panikattacken kaum noch das Haus verlassen – vier Monate später reiste er mit seiner Frau durch Italien.
Was ich eigentlich tue, ist: Ich bringe Menschen zurück zu sich selbst. Wenn du zu dir selbst nach Hause kommst, hört der Stress auf. Es entsteht ein neues Lebensgefühl. Du beginnst dich zu fragen: Wer bin ich wirklich? Welchen Beitrag will ich in dieser Welt leisten?
Dieses ständige Ackern, dieses höher, schneller, weiter – das ist nichts anderes als moderne Sklaverei. Heute bekommst du dafür einen schicken Titel, ein Dienstauto – aber innerlich bist du oft leer. Das ist wie früher auf der Galeere. Da wurdest du bei guter Arbeit drei Bänke nach vorne gesetzt und hast einen Löffel Suppe mehr bekommen.
Es geht nicht darum, aus dem System auszusteigen. Sondern darum, deine Kraft zurückzuholen. Deine Macht liegt in dir – nicht im Außen. Wir sind so abhängig. Von den Bild, das andere von uns haben. Wie viel Geld hast du? Wie groß ist dein Haus? Was fährst du für ein Auto? Ah, jetzt habe ich es geschafft. Aber ob man dann wirklich glücklich ist, ist immer die Frage. Ich glaube, wenn du wirklich rausfindest, wer du bist und warum du hier bist – in dem Augenblick hörst du auf zu arbeiten.
EU:
Hast du eine konkrete Strategie zum Stressabbau, die man sofort umsetzen kann?
Matthias Vette:
Es gibt zwei Ebenen: Die erste ist, dass du natürlich Dinge tun kannst – bewusste Atmung, Meditation, Naturgänge, progressive Muskelentspannung. All das hilft, das Stresslevel kurzfristig zu senken.
Doch danach starten die Gedanken meist wieder von vorn. Der entscheidende Punkt ist: Was sind eigentlich die Gedanken, die ständig kreisen? Zum Beispiel: Ich muss perfekt sein. Oft resultiert das aus Kindheitserfahrungen – Liebe gab es nur, wenn man sich angepasst hat, brav war, keine Wut gezeigt hat.
Dann kommen Familie, Kinder, der Alltag – und der Druck steigt. Du funktionierst nur noch, dein Hals schnürt sich zu, du bist im Kopf, nicht mehr im Gefühl. Genau da setze ich an: Wir machen diese Muster sichtbar – erkennen sie, integrieren sie.
Meine Methode besteht aus vier Phasen:
Ich gebe nicht nur drei schnelle Tipps – ich begleite echte, tiefe Prozesse. Kein Motivationsevent, kein Tschakka – sondern echte Transformation.
EU:
Was steht bei dir als Nächstes an? Ein neues Projekt? Neue Vision oder die alte Vision ausbauen?
Matthias Vette:
Mein Mentoring-Programm darf jetzt richtig groß werden. Ich habe letztes Jahr mit 1.400 Menschen gearbeitet – und da entsteht eine enorme Energie. Wenn einige in die Kraft kommen, ziehen sie andere mit. Das ist wie ein Feuerwerk.
Außerdem bilde ich mit Momanda und Unity Holistic Healing Coaches aus. Letztes Jahr waren es 130, dieses Jahr wollen wir über 200 ausbilden. Das sind meine beiden Herzensprojekte. Und ich begleite weiterhin acht Menschen im Jahr intensiv im 1:1 – das ist meine Leidenschaft.
EU:
Wie siehst du die Entwicklung im Coaching-Bereich?
Matthias Vette:
Was aktuell passiert, finde ich erschreckend. Ich freue mich auf eine Marktbereinigung. Das Problem liegt weniger bei den angehenden Coaches selbst, sondern bei denen, die versprechen: Mach ein Wochenendseminar, starte sofort dein Business – Umsatz garantiert.
Ich bezeichne mich lieber als Wegbegleiter. Es geht um echte Entwicklung, um echte Veränderung. Der Mensch muss im Zentrum stehen – nicht das Marketingmodell. Viele Coaches arbeiten auf tiefster Ebene mit Menschen, haben aber keine Ahnung von der Wirkung ihrer Worte. Das ist gefährlich.
Ich wünsche mir, dass mehr Menschen sich treu bleiben, ihren eigenen Weg gehen – und nicht irgendeinem Funnel hinterherlaufen. Wenn du mit Menschen arbeitest, dann bitte aus vollem Herzen. Und es geht um die Verbindung für Menschen zum höchsten Wohl zu dienen und die Legitimation in sich zu haben, damit auch gutes Geld zu verdienen. Es geht immer um Fülle auf allen Ebenen.
EU:
Wenn du unseren Leser:innen einen einzigen Rat geben dürftest – welcher wäre das?
Matthias Vette:
Wir leben in einer Zeit des Wandels – alte Sicherheiten brechen weg. Das ist eine riesige Einladung: nach vorne zu schauen, nach innen zu schauen. Wer bin ich wirklich? Was liebe ich? Was ist mein Beitrag?
Ich glaube, dass vieles, was keine ehrliche Grundlage hat, in Zukunft verschwinden wird. Es ging früher mal darum, das Leben menschlicher zu machen – stattdessen haben wir heute den Menschen dem System untergeordnet. Jetzt ist die Chance da, das zu korrigieren.
Deshalb: Entwickle ein Bewusstsein dafür, welche Informationen du an dich heranlässt. Und füll dich selbst mit Vertrauen, mit Dankbarkeit, mit Liebe. Die höchste Form von Selbstliebe ist Authentizität. Wenn du sie lebst, bist du im Einklang mit dir – dann kann dich im Außen kaum noch etwas erschüttern.
EU:
Aber du meinst jetzt nicht, dass man sich vor der Welt verschließen sollte?
Matthias Vette:
Ganz im Gegenteil! Das Problem ist ja, dass sich die meisten bereits verschlossen haben. Sie laufen wie emotionale Mumien durchs Leben – ohne echte Begegnung, ohne echte Verbindung. Wir brauchen wieder Lebendigkeit. Freude am Zusammensein. Wärme, Nähe.
Es geht nicht darum, sich über die Welt zu stellen – sondern darum, mit einem offenen Herzen durch sie zu gehen. Ich wünsche mir, dass Menschen wieder spüren, dass wir Herzenswesen sind. Dass wir gestalten können – auch Arbeit, auch Wirtschaft. Und dass jeder seinen Beitrag leisten kann, in seiner Branche, mit seinen Fähigkeiten.
Wenn das wieder geschieht, kann Großartiges entstehen. Und es beginnt immer – bei uns selbst.
EU:
Danke dir für deine Zeit und diese ehrlichen Worte.
Matthias Vette:
Sehr gerne!